So, nach einer kurze Sommerpause sind wir dann auch mal wieder zurück und schwelgen gleich zu Anfang direkt mal im Luxus. Kann ja auch mal nicht schaden. Und wie das mit Luxus so ist: manches kann man sich einfach nicht leisten. Manches will man sich einfach nicht leisten. Manches darf man sich einfach nicht leisten. Die Frage des Könnens, Wollens oder Dürfens werden wir in diesem Artikel auch gar nicht anreißen – wir tun, was wir am besten können: uns an dem erfreuen, was so alles möglich ist.

Selbstbewusst ausgepreiste FATBikes hatten wir hier schon einige – legendär der Auftritt des „Batmobils“ von Specialized, dem S-Works FatBoy: rund 7.000,- Euro für knapp über 10kg FATBike sind klar Kategorie „Edler Minimalismus“. Heute geht es um das glatte Gegenteil, den puren Überfluss, sozusagen den Rolls Royce unter den FATBikes. Womit wir beim Elom Titan FATBike wären. James, fahr‘ schonmal den Rolls Royce, ähem, das FATBike vor!
Das Elom Titan FATBike im Detail

Beginnen wir, wie üblich, mit den technischen Details des Bikes, das offiziell auf den etwas sperrigen Namen „Elom 505 Ti Rohloff E14“ hört. Nun ja – mit „Wraith“, „Ghost“ oder „Cullinan“ benennt das Marketing Team aus England seine Platzhirsche durchaus emotionaler. Aber wir Deutschen – das Elom erblickt das Licht der Welt im Bayerischen Großostheim – neigen ja der Legende nach zu funktionaler Nüchternheit. In Sachen Ausstattung und Individualisierung kann es das Elom schon eher mit den Kreationen aus Crewe aufnehmen. Bosch CX Gen 4 Antrieb, elektrische Nabenschaltung mit „Tiptronic“, fatte Terrene Johnny 5 Reifen auf 105mm Carbonfelgen (beides optional), ein brachiales Lichtsystem mit 2 (!) Rücklichtern… Und das alles an einem Titanrahmen, der klassischer kaum sein könnte. Hier die Basics in unserer beliebten „FATBike-In-A-Box“:
FATBIKE-IN-A-BOX (Drück mich!)
Alle Daten entsprechen der von uns getesteten Größe „L“
Sitzrohr | 490mm |
---|---|
Oberrohr | 630mm |
Sitzwinkel (effektiv) | 75° |
Lenkwinkel | 68° |
Kettenstrebe | 480mm |
Radstand | 1,238mm |
BB Höhe/Absenkung | —mm/60mm |
Federweg vorn | 100mm |
Federweg hinten | 0mm |
Stack | k.A. |
Reach | k.A. |
Hinterbaubreite/Achse | 197/12mm Steckachse |
Gewicht Komplettbike (ohne Pedale) | >20kg, je nach Ausstattung |
Die Basisausstattung – wenn man das so nennen darf…

„Basisausstattung“? Das Wort klingt hier fast wie eine Beleidigung. Denn am noblen Ross findet sich schon serienmäßig, was woanders ein Topmodell ausmacht. Details könnt ihr hier nachlesen, aber ein paar Beispiele wollen wir nennen: elektrische Rohloff E14 SPEEDHUB XXL Nabenschaltung, Gates Riemenantrieb, Manitou Mastodon Pro EXT, Schwalbe Jumbo Jim, Sun Ringle Mulefüt SL Laufräder, Pro Taper Carbon Lenker oder Hayes Dominion Bremsen sind an Bord. Dazu verfügt das Elom über das für uns beständigste Zeichen von purem Luxus: einen Rahmen aus edlem Titan.

Das Material gilt als extrem haltbar, ist aufwändig in der Verarbeitung und man sagt ihm eine eigene Seele nach. Kurz: neben all den Bikes aus Plastik und Dosenblech wirkt ein Elom Titan FATBike wie ein Fels in der Brandung. Die Entscheidung, ob die in’s Blech gehämmerten Bögen in Ober- und Unterrohr oder der aufgesetzte Akku nun ästhetisch ansprechend sind entscheidet der Betrachter. Aber sowohl in seiner Konstruktion als auch Machart wird der Rahmen dem Wunsch nach dem gewissen Extra mehr als gerecht.
Darf’s a bissl mehr sein?

Ob Wursttheke, Rolls Royce Dealer oder Elom – es gilt das Motto „Weniger ist manchmal mehr – mehr ist immer mehr!“. Zwar kann man das Elom, anders als vielleicht einen Rolls Royce, weder in jeder x-beliebigen Wunschfarbe lackieren noch mit feinem Leder beziehen lassen. Dafür ist vom voll integrierten (sprich über die Kiox Headunit steuerbaren) Supernova Lichtsystem über Carbonfelgen in verschiedenen Breiten, Vee Tire Snow Shoe 2XL oder Terrene Johnny 5 Reifen, Zusatzakkus in praktischer Rahmentasche bis zu einem GPS Ortungssystem oder verschiedenen Sätteln eine Menge möglich.

Unser Testbike war zusätzlich versuchsweise mit dem SKS „Airspy“ Reifendruckkontrollsystem ausgestattet – was (theoretisch) über Handy und Garmin Uhr immer einen aktuellen Blick auf den Reifendruck erlaubt und rechtzeitig über anstehenden Druckverlust warnt. Funktioniert hat das zwar nicht wirklich zuverlässig, aber es zeigt, wie experimentierfreudig und Technik-affin man bei Elom ist.

Dass derlei Extravaganz das ohnehin nicht gerade schmale Preisschild schnell im Gegenwert eines Einsteiger-FATBikes erweitert, überrascht wenig. Auch die Aufpreisliste eines Rolls Royce kann man ohne Weiteres um den Kaufpreis eines VW Golf erweitern. Naja, warum auch nicht? Was warf einst ein damit berühmt gewordener Kutscher seinem König an den Kopf? Wer ko, der ko! Wie wahr…
Eine Ausfahrt

Nun haben wir den Vergleich mit dem Inbegriff des Luxus aus Crewe nicht nur wegen der wertigen Ähnlichkeiten gezogen. Die Konzepte ähneln sich auch beim Fahren: ganz ohne sich oder anderen etwas beweisen zu müssen, soll dem Fahrer die Reise so angenehm wie möglich gemacht werden. Auf dem Elom Titan FATBike sitzt man entsprechend komfortabel und aufrecht. Wie auch beim Pendant auf vier Rädern sorgt der Motor allzeit für „ausreichend“ Leistung. Leider bietet die Elektronik dem Vorwärtsdrang jedoch exakt 225km/h früher Einhalt: wie beim e-FATBike üblich, ist bei 25 km/h Schluss.

Geschaltet wird per Fingertipp, dann drosselt die Elektronik kurz die Motorleistung und wechselt selbständig die Fahrstufe – bei Bedarf und entsprechen langem Druck auf den Schalter auch 3 Gänge quasi auf einmal. Wirklich verschliffen wirkt das allerdings nicht. Die Abstimmung aus Motorleistung und Schaltvorgang scheitert hin und wieder am Unsicherheitsfaktor Mensch. Leitet der Pilot den Schaltvorgang am Berg zu spät ein oder tritt zu kräftig mit, führt das hier und da zu ruppigen Schaltvorgängen oder, im ungünstigsten Fall, zu einer kurz blockierenden Schaltung.
Keine Sportskanone

Die Hayes Dominion Bremse dagegen bremst jederzeit sanft, aber ausgesprochen unnachgiebig. Sportliche Ambitionen sind dem Elom trotz 85Nm Motorunterstützung und eines flachen Lenkwinkels nahezu vollständig fremd. Die aufrechte Sitzposition, die extrem langen Kettenstreben (und damit der große Radstand) und nicht zuletzt das für e-Bikes typisch irre Gewicht von weit jenseits der 20Kg setzen der Agilität natürliche Grenzen. Das Elom artgerecht zu bewegen heißt vielmehr, auf langen, technisch bestenfalls mäßig anspruchsvollen Touren seine Laufruhe und Geschmeidigkeit – und hier und da vielleicht auch die Blicke anderer – zu genießen.

Dank Motorkraft und Riemenantrieb setzt sich Bike sanft, aber druckvoll in Bewegung und hält stabil seine Spur. Der neue Bosch Motor ist weitgehend sehr leise und gibt nur unter Volllast das berühmt berüchtigte mahlende Antriebsgeräusch von sich. Richtungswechsel fallen zwar träge, aber ausgesprochen solide aus und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität.

Ein Schmankerl bringt die Schaltung mit, die beim Anhalten immer automatisch in einen „anfahrfreundlichen“ Gang schaltet – so kommt man immer zügig wieder in Fahrt. Das Elom Titan FATBike ist ganz, was es sein will: ein komfortabler Gleiter, der seinem Fahrer bzw Fahrerin die Reise so angenehm wie möglich gestalten möchte.
Wäre da nicht…
…das drastisch hohe Gewicht. Weder Titanrahmen noch Carbon-Felgen können etwas daran ändern, dass Motor und Akku wie Blei auf den Rädern lasten. Vor allem das Hinterrad kann nach Wurzelpassagen mit einem Hardtail e-Bike schnell ein Lied davon singen.

Bei allem Verständnis für die moderne Interpretation des Bikens finden wir die Umsetzung mit bleischweren Antrieben absolut nicht zeitgemäß. Wir können es nur immer wieder Mantra-artig runterbeten: hoffentlich entwickelt bald mal jemand Motoren und Akkus, die auch e-Fatties deutlich unter 20kg bringen. Das würde das Handling – von Alltagssituationen bis zum Trail erheblich vereinfachen. Fairerweise ist natürlich zu erwähnen, dass das kein Versagen von Elom ist. Aber es muss potenziellen Käufern klar sein, dass man diese Brocken nur mit großer Mühe in den Keller, auf den Heckträger oder gar über einen Weidezaun wuchten kann. Glücklich ist der Rolls Royce Fahrer, der in solchen Situationen auf hilfreiches Personal zurückgreifen kann.
Was bleibt?

Für unser Fazit „Was bleibt?“ liefert dann auch wieder Rolls Royce die Steilvorlagen mit dem Firmenmotto „The quality remains long after the price is forgotten“ – die Qualität bleibt noch lange, nachdem der Preis vergessen ist. Mindestens amtliche 8.890,- Euro müssen sich vom heimischen Konto in Richtung Elom auf den Weg machen, um ein Elom Titan FATBike sein Eigen nennen zu dürfen. Dafür bekommt man ein Bike, das an Ausstattung, der Integration seiner Komponenten und Einzigartigkeit kaum zu übertreffen ist. Das Elom ist definitiv nichts für sportliche oder gar aggressive Fahrstile. Es ist der kompromisslose Gegenentwurf zur Hektik der heutigen Zeit: ein Tourenbike, ein Gleiter und eine spannende Mischung aus Tradition und Technologie. Und es ist ein Bike, das man sich leisten können, wollen und dürfen muss. So gesehen ist es auch ein Statement, vielleicht sogar eine Belohnung an sich selbst: weil man es darf, will und kann.
The post Der Rolls Royce unter den FATBikes: das Elom Titan FATBike im Test appeared first on FAT-Bike.de.